Auf Wiedersehen, Jesus
Jesus Marin alias DJ Jesus *66† ist tot. Damit verliert die Schwarze Szene der Schweiz eine ihrer buntesten Figuren. Ein Nachruf von Redaktionsleiter Janosch Tröhler.
Jesus Marin ist im Alter von 53 Jahren gestorben. Er hinterlässt eine Frau und zwei Söhne. Ihnen gilt mein tiefstes Beileid.
Es war Mittwoch, 11. Dezember 2019, kurz vor 22 Uhr, als ich diese Nachricht erhielt. Viel zu früh und unerwartet ist er gegangen. An eben diesem Mittwoch hätte er hinter den Plattentellern der «More Than Mode» im X-Tra stehen sollen.
Es hat mich mehr getroffen, als ich erwartet hätte. Denn ich kannte Jesus nicht gut. Wir waren keine engen Freunde. Aber unsere Wege haben sich immer wieder gekreuzt – an Partys und Konzerten. Früher, in einer Vergangenheit, die Jahrhunderte zurückzuliegen scheint. Aber wenn wir uns sahen, waren die Begegnungen immer herzlich.
Mit ihm verliert die Schweizer Gothic-Szene einen Paradiesvogel. Er war ein Mensch, der in vollen Zügen gelebt hat. Ein Mann, der keine Bremse, sondern nur das Gaspedal kannte. Jesus war ein bunter Hund in einer düsteren Subkultur. Als DJ Jesus *66† legte er an den besten Grufti-Partys auf – ob mit EBM oder klassischem Wave.
Doch was Jesus ausmachte, war seine Art. Er war der Sonnenschein – und damit ein Paradox der Schwarzen Szene in der Schweiz. Mit seinem südamerikanischen Temperament passte er so gar nicht ins typische Grufti-Klischee. Er war ein verrückter, aber immer aufgeschlossener, immer begeisterter und grossherziger Mensch. Jeder in der Szene kannte Jesus – und Jesus kannte jeden.
Seine Freude, sein ganzes Wesen waren ansteckend. Es spielte keine Rolle, ob er mitten in einer Masse von Menschen stand oder sich in einem besetzten Haus die Seele aus dem Leib tanzte. Spass für alle schien ihm das oberste Ziel zu sein. Und dafür hatte er immer einen frechen Spruch auf Lager.
Und selbst wenn es schon eine Weile her ist, dass ich ihm das letzte Mal begegnet bin, fühlt es sich falsch an. Falsch, zu wissen, dass man sich nicht mehr zufällig begegnet. Denn er war einfach immer da, als dieser schräge, aber gutmütige Onkel der Szene.
Und es fühlt sich falsch an, nun zu schreiben: DJ Jesus *66†19.
Einfach falsch.
Mach’s gut, Jesus. Möge dein unvergleichliche Gemüt die nächste Welt erhellen.