Deshalb sollte man den Hoff nicht hasseln

David Hasselhoff in der Samsung Hall war ein gutes Konzert voller schlechter Musik. Weshalb das so war, erörtert der streitbare Autor hier in einem Listicle.

Deshalb sollte man den Hoff nicht hasseln
David Hasselhoff in der Samsung Hall. Bild: Michelle Brügger

«Don’t hassle the Hoff.» Das sagt man so schön und schreibt es sich auf T-Shirts, weil’s lustig klingt. Aber offenbar ist das nicht nur ein Wortspiel, sondern die Wahrheit, nichts als die Wahrheit.

In einem Bericht auf Züriost hat der Autor dieser Zeilen das Konzert des Hoffs nicht unbedingt in der Luft zerrissen, aber doch relativ deutlich betont, dass das keine gute Musik sei. Eher so Schlager im Hardrock-Kostüm. Und damit hat der Autor dieser Zeilen blöderweise den Hoff gehasselt und spürt jetzt die Konsequenzen.

Aufmerksamkeitsdefizit, Balzverhalten, Arroganz

Die Hoff-Gang hasselt lustig zurück und fordert etwa den Kopf des Autors – respektive dessen Kündigung. Oder sie schlägt vor, dass er künftig erst schlafen und dann schreiben soll. Ihm werden Aufmerksamkeitsdefizite, Balzverhalten, Arroganz und eine versaute Kindheit nachgesagt. Nun gut, er hätte es wissen müssen, wenn er den Hoff hasselt.

David Hassellhoff
Bild: Michelle Brügger

Hier nun also ein zweiter Anlauf, der sich inhaltlich grundsätzlich nicht vom anderen Artikel unterscheiden soll, aber einem klassischen Hoff-Fan, der des Hoffs Selbstironie offenbar ebensowenig mächtig ist wie jener des Autors dieser Zeilen, etwas klarer darlegen soll, was denn nun gut und was schlecht war an diesem Konzert in der Samsung Hall.

Denn: Nicht alles war schlecht. Im Gegenteil. Der Autor dieser Zeilen grölte ja selber mit bei Sweet Caroline, Oh, oh, ohh. Oder Is everybody happy? Yeah, yeah.

Hier nun also eine Art Listicle. Je fünf Pros und Kontras. Sehr rational und einfach dargestellt.

Gut war:

  • Der Hoff sieht super aus mit 67. Keine Frage. Und sein Kick ist einfach geil. Was er ausdrücken soll, ist zwar nicht ganz klar. Aber der Hoff verfolgt in seinen Songs auch nicht unbedingt mehrdimensionale Absichten.
  • Wer grölen will, kriegt hier Stoff ohne Ende. Ein als Michael Knight verkleideter Fan fragte sich vor der Show, wie der Hoff mit zwei oder drei Hits zwei Stunden füllen wolle. Und dann sind die zwei Stunden durch und man merkt, dass da ja noch viel mehr war als diese zwei oder drei Hits. Erstaunlich.
  • Die Bojen und Kostüme. Also ehrlich. An welches Konzert bringt das Publikum seine aufblasbaren Bojen mit? Und auch die Outfits: Da sind nicht nur die Michael Knights und Mitch Buchannons, sondern ganz viel mehr. Leute mit lustigen Hoff-Shirts, Männer in Leopardenmäntel oder Glitzerjackets. The Hoff verkörpert nicht nur seine eigenen Filmfiguren, sondern eine ganze Epoche von etwa fünf Jahren Ende der 80er und Anfang 90er. Deren stilistische Auswüchse passen bestens ans Hoff-Konzert, egal ob er damit selber etwas zu tun hatte oder nicht.
  • Die gute Laune. Der Hoff ist mit 67 nicht minder Sonnyboy als er es vor 30 Jahren war. Seinen Sonnenschein bringt er charmant auf die Bühne und trägt ihn in die volle Samsung Hall.
  • Die Selbstironie. Hasselhoff ist eine Kunstfigur, die Ignoranz, Lebenslust und Grossspurigkeit vereint. Der wahre Hoff belächelt seine eigene Figur, was ihr einen gewissen Charme verleiht. Das ist ein Kompliment, keine Kritik.

Schlecht war:

  • Der Mann singt einfach nicht gut. Er hat ein minimales Stimmspektrum, er trifft die Töne nur in Ausnahmefällen perfekt und seine Phrasierungen sind so hölzern, dass er eigentlich Marschmusik singen müsste, wenn man das könnte. Live ist das um Welten schlimmer als aus der Konserve – und dort ist alles bis aufs Tönetreffen schon nicht sonderlich beeindruckend.
  • Der Mann ist auch kein Künstler. Er schreibt keine eigenen Songs, keine Texte. Seiner Interpretation fehlt jegliche emotionale Bandbreite, die über simplen Frohsinn hinausgeht. Seine Musik ist eindimensional.
  • Seine Band in ihrem Hardrock-Outfit wirkt lächerlich, wenn man bedenkt, dass die Songs grösstenteils aus der Schlagerwelt entsprungen sein könnten.
  • Er versucht eine ernsthafte Note ins Konzert zu bringen. Der Hoff ist Sonne, Strand und Meer. Er sollte die Finger lassen von Aufstehmännchen-Küchentischpsychologie und Weltpolitik wie in den Covers von Frank Sinatra und David Bowie.
  • Der Hoff ist leider auch kein sonderlich guter Schauspieler. Er beherrscht primär einen Gesichtsausdruck und der ist recht teilnahmslos – so wie man ihn auf dem Cover von Looking for Freedom sieht. Versucht er Wehmut, Trauer, Nachdenklichkeit, Ernsthaftigkeit, so muss man intuitiv lachen. Solcherlei kann er nicht und wenn ers trotzdem tut, dann ist das Comedy.

Alles in allem also eine tolle Show. Man hat genau den David Hasselhoff bekommen, den man wollte – mit allen Stärken und Schwächen. Für Menschen mit markant besserem musikalischen Feingefühl ist natürlich ärgerlich, fast schon frustrierend, dass einer, der so talentfrei ist wie der Hoff, nach über 30 Jahren im Geschäft immer noch 5000 Menschen in eine Halle holt, während sich manch guter Musiker mit einem Publikum von 100 oder 200 Menschen abfinden muss. Aber so funktioniert halt Mainstream. Die breite Masse hat lieber lustig als gut.

David Hasselhoff
Bild: Michelle Brügger