Paul McCartney begeistert in Zürich
Die Erwartungen an eine Musiklegende wie Paul McCartney sind riesig. Der Bassist und Sänger der Beatles hielt mehr als 10’000 Besucher des Zürcher Hallenstadions mit einem abwechslungsreichen und energiegeladenen Set in Atem.
Der Brite hat bei den Sets seiner «On The Run–Tour» die Qual der Wahl, schöpft er doch aus einer 40-jährigen Karriere. Sein Publikum ist ein Stück weit mit ihm gealtert, jedoch bewegt seine Musik auch jüngere Gesichter, die da und dort im Publikum sassen.
Zwanzig Minuten nach offiziellem Showbeginn betrat Paul McCartney die Bühne und wurde sogleich mit Standing Ovations begrüsst. Ein Ritter des Poprocks, einer der einflussreichsten Komponisten der Moderne.
Voll im Saft präsentiert sich der kleine Paul McCartney, dem man so nicht glauben würde, dass er im Juni dieses Jahres 70 Jahre alt wird. Klar, dass er nicht irrsinnig auf der Bühne umherhampelt. Die Instrumente spielte er dafür mit Leidenschaft und Hingabe. Während des ganzen Konzerts wechselte er vom Bass, über die Gitarre, die Mandoline, Ukulele auf das Piano und brachte Spannung in den Auftritt. Sogar für kurze Interaktionen mit dem Publikum war sich der Star von Weltformat nicht zu schade. Hin und wieder warf McCartney Anekdoten ein wie nach dem Foxy Lady-Instrumental, einem Tribut an den Gitarren-Held Jimi Hendrix. Pluspunkte erhielt McCartney für seine beachtlichen Gehversuche im Schweizerdeutsch.
Produktionstechnisch perfekt choreographiert war die Show. Zwei haushohe Bildschirme flankierten die Bühne, die Video- und Licht-Installationen war ein Hingucker. Nachteil an den gewaltigen Projektionen ist immer, dass die Augen automatisch die Übertragung betrachten anstatt den Menschen auf der Bühne.
Aber McCartney verliess sich nicht immer auch technische Spielereien und die routinierte Band im Hintergrund. Schlicht stand er alleine mit akustischer Gitarre auf der grossen Bühne, wirkte fast verloren, doch sein Charisma strahlte und seine Entschlossenheit wirkte. In diesem spartanischen Arrangement spielte er sowohl Blackbird als auch Here Today, eine Hymne an seinen einstigen Freund und Mitmusiker John Lennon. Trotz den Balladen wie My Valentine vom neuen Album Kisses On The Bottom war das Konzert keineswegs trist. Neben den Songs aus der Beatles-Ära oder seiner Zeit mit Wings streute McCartney immer wieder Solo-Material ein, wobei natürlich die unvergessenen Melodien der Fab Four alles überflügelten. Das jubelte, applaudierte und tanzte zu Back In USSR, Obladi Oblada, der Kracher an jeder Oldies-Party, wo sogar die künstlichen Hüftgelenke geschwungen werden, und Day Tripper. Unbestrittene Höhepunkte waren McCartney-Überhit Let It Be, die noch heute emotional berührt und Aktualität ausstrahlt, das feurige Live and Let Die, das nicht nur mit seiner markant scharfen Melodie, sondern auch mit der heissen Pyroshow einheizte. Und natürliche Hey Jude. Der Song war ein Gemeinschaftserlebnis für alle Anwesenden, denn alle stimmten ein in den «Na na na»-Gesang.
Paul McCartney begeisterte nicht nur die Cervalat-Prominenz wie 77 Bombay Street, SP-Nationalrat Hans Jürg Fehr oder Toni Vescoli, sondern das ganze Stadion über zwei Stunden lang. Davon könnten sich andere, vor allem jüngere Künstler eine Scheibe abschneiden. Noch bemerkenswerter wird diese Leistung, wenn man weiss, dass sich der Sänger die ganze Zeit keinen Tropfen Wasser gönnte.
Der Brite ist auch Jahrzehnte nach der Auflösung der famosen Beatles eine Wucht, einer, der seine Liebe zur Musik voll und ganz auslebt. Selbst wenn oftmals gesagt wird, McCartney sei der Unbeliebteste der Beatles, so ist er zweifellos einer der genialsten Songwriter der Geschichte und prägend für unzählige Generationen nach ihm.