Perspective Shifts – How The Light Gets In
Acht Songs verteilt auf 58 heimsuchende Minuten. Das neue Album von Perspective Shifts entpuppt sich als einfahrender Experimental-Cocktail und bewegt sich zwischen Trance, Faszination und Himmelbruchsmomenten.
Perspective Shifts, ein Trialog dreier Musiker auf der Suche nach düsteren Atmosphären und der Sehnsucht nach vertontem Wahnsinn, dem man gerne Glauben schenken darf.
Perspective Shifts, das sind Manfred Jungo, Adrian Mahler und Valentin Brügger und How The Light Gets In ist ein Werk, welches sich in keine Genre-Schublade drücken lässt. Ein Album zwischen Geflüster und Wut, Lärm und Erleuchtung.
Eine Fahrt ins Unbewusste
Milchglas, aufpeitschende Becken und eine sanfte Melodie des Saxophons als die Ruhe vor dem Sturm. Es dauert allerdings nicht lange, bis sich blitzartig über krachendem Gepolter das Sax in wilde Höhen türmt. Ein unnachgiebiger Groove fährt eine düstere Synthiewolke in die Tiefe. Mit Donnergrollen setzt die Stimme von Valentin Brügger ein, brutal erzählerisch nimmt man Kurs auf heimsuchende Gewässer, ehe das Lied in aufhellenden Synthie-Klängen versandet.
Messerscharfes Storytelling
Es wirkt beinahe wie ein Schauermärchen, wenn die tiefe Stimmgewalt von Brügger über den immer pochenden Schlagzeugteppich raunt. Stop & Reverse. Hinter dem düsteren deutschen oder englischen Storytelling knurren und brummen Synthies, man denkt an Film Noir, spürt die kantigen Lyrics wie eine Klinge am Hals und trinkt einen einfahrenden Nick Cave-Cocktail. Die Lieder fesseln und lassen sich genug Zeit, ihre rabiate Schönheit zu entfalten.
Eine Woche im verlassenen Bahnhof
Für die Albumaufnahmen verbarrikadierte sich das Freiburger Trio während einer ganzen Woche in einem alten verlassenen Bahnhof in Annahütte. Dies im sogenannten Musikbahnhof, welcher in ein Residenzstudio für Musikerinnen und Musiker umgebaut wurde. Es wurde Platz und Zeit gelassen, an Klängen zu forschen und sich intuitiv an einen musikalischen Trialog anzutasten. Mit dem Ziel vor Augen, Musik ohne Kalkül geschehen zu lassen und mit ein wenig Glück den verflüchtigten Moment der passenden Atmosphäre zu erhaschen.
Unter Einfluss düsterer Klänge
Die Scheibe gibt sich organisiert, wild wie chaotisch zugleich und doch scheint alles seinen Platz zu haben. Eine der wenigen Konstanten, die Zerstörung gegebener Strukturen. Dies auf mitreissende Art und Weise. Human Complexity besticht mit ungeahnten Wendungen, aufbauschende Pompösität muss schliesslich erleuchtender Zerstörung weichen. Dies in Form einer voranpreschenden Klanglawine, unter derer dunkler Soundmassen man sich gerne begraben lässt.
Zwischen himmlischen Klanggewittern und verderblichen Abgründen
Als Zuhörer fühlt man sich, als steuere man mit segellosem Boot auf den Rand des Wahnsinns zu. Als Insasse kann man nichts anderes machen, als zuzuhören und geniessen, wie das Schiff in lärmigen und dunklen Wogen kentert, denn die Höhepunkte von How The Light Gets In finden sich in verderblichen Abgründen.
Mit The Raven Song gibt sich der Schluss der Scheibe von einer nostalgisch-melancholischen Seite, ein reverblastiges Klavier begleitet einfahrenden Gesang während des 13-minütigen Epos auf einer letzten Fahrt ins Unbewusste. Das Schlagzeug setzt peitschende Akzente und ein elegisches Saxophon stimmt zum Duett an, ehe ein himmlisches Klanggewitter mit höllischer Atmosphäre das Album auf deren Grundgerüst niederkrachen lässt.
Mit Himmelbruch zur Erleuchtung
Perspective Shifts schafft es bis zuletzt, einen immer wieder aufs Neue zu überraschen und zu verblüffen. Man weiss nicht genau, was einen erwartet und wenn man es realisiert, ist es bereits zu spät und findet sich inmitten dynamisch erspielter Soundlandschaften wieder und lässt sich vom Sog der düsteren und teils abstrusen Musik mitziehen.
How The Lights Get In gibt sich fesselnd und ungebändigt, losgelöst jeglicher Songstrukturen oder Schemen. Das Trio versucht dunkle Atmosphären zu weben und nimmt Zuhörerinnen und Zuhörer auf ihrer Reise mit. Alles, was auf diesem Trip passiert, bewegt sich zwischen Faszination und Trance, ehe man aufbrechenden Himmelrissen auf die ersehnte Erleuchtung in Nebel von Chaos, Melancholie und Ekstase trifft.
Wer das Album kaufen und die Band unterstützen möchte, kann die Bandcamp-Seite des Trios besuchen.