Replik an den Züritipp

Am vergangenen Mittwoch erschien auf zueritipp.ch der Artikel «Im Zeichen der Vergangenheit» über die Schweizer Metal-Band Eluveitie. Der Autor verrennt sich darin in seiner These.

Replik an den Züritipp
Chrigel Glanzmann, der Kopf hinter Eluveitie. Bild: Sacha Saxer

«Im Zeichen der Vergangenheit» – eigentlich ein stimmiger Titel für einen Artikel zu Eluveitie. Seit 2002 ist die Band auf dem Weg nach oben. Die Musik ist hart wie Granit, die Texte drehen sich um das Keltentum. Gleich im Einstieg dürfte der gemeine Metal-Kenner stutzig werden. Da steht: «Stellen wir eines klar: Eluveitie sind das grösste Schweizer Pop-Rock-Ereignis seit Krokus und DJ Bobo. Wieder einmal gelingt es also einer Schweizer Rockband, sich weltweit oben festzusetzen.»

Man fragt sich sogleich, ob man Eluveitie als Pop-Rock-Ereignis mit Krokus und DJ Bobo in einer Reihe nennen darf. Sagen wir mal, dass es legitim ist, angesichts des Erfolgs der Band auch in der Hitparade. Ja, Eluveitie gehören mittlerweile zur Populärkultur der Schweiz. Das kann man mögen, muss man aber nicht.

Danach verliert sich der Autor in seiner These: «Nie richtig losgeworden sind Eluveitie auf ihrem Weg nach oben den Verdacht, dass ihr Hang für die helvetischen Kelten etwas Anstössiges hat.» Wer behauptet das? Der Autor selbst?

Der erste Versuch einer Diskreditierung mit Chrigel Glanzmanns Begeisterung für die norwegische Black Metal-Band Emperor hält nicht stand. Automatisch anzunehmen, dass man deswegen Kirchen abfackelt, ist ein Pauschalurteil wie von einem SVP-Plakat.

Dann kommt eine mangelhafte Recherche: «Divico haben Eluveitie schon in frühen Jahren einen Song gewidmet.» Dass der Song Divico erst 2012 erschien und zwar auf dem Rerelease-Paket The Early Years scheint der Schreiber entgangen zu sein. Aber vielleicht wurde der Song ja schon früher geschrieben.

Womit wir beim Songwriting wären. Glanzmann gibt dem Züritipp zu Protokoll, dass Eluveitie beim Songwriting bewusst wissenschaftlich arbeitet. Gegenüber Negative White führte er 2013 aus, dass er mit der Keltologischen Instituten der Universitäten Wien, Zürich und Cambridge zusammenarbeitet. Akkurate Texte sind Glanzmann wichtig. Dabei betonte er aber: «Unter dem Strich, das muss man ganz klar sagen, bleibt vieles hypothetisch.»

Genau so hypothetisch bleibt die These des Autors. Sie bröckelt unter dem Mangel an Argumenten weg. Den letzten Anlauf startet er mit einem persönlich gefärbten Argument: «Doch ein Fragezeichen bleibt. Eluveitie klingen anders, als es Glanzmanns analytische Nüchternheit erwarten liesse. Sie verbinden Folk und Metal zu einem homogenen Ganzen, das die Trennlinie zwischen Vergangenheit und Gegenwart verwischt.»

Natürlich verbinden Eluveitie historische Herleitungen mit modernem Metal. Sollen sie etwa einen Spoken Word-Vortrag mit etwas Drehleier-Gedudel auf der Bühne halten? Es ist ein weiterer Versuch, die erfolgreiche Band in die braungefärbte Schmuddelecke zu drängen. Er scheiterte kläglich. Denn das funktioniert nur, wenn eine Band solche Inhalte in den Texten propagiert und in Interviews herausstreicht. Beides tun Eluveitie nicht. Was der Autor ausser Acht lässt, ist die Tatsache, dass eine Band auf der Bühne Emotionen transportieren muss. Das Gefühl einer Zusammengehörigkeit, die Musik als gemeinsamen Nenner findet man nicht nur in allen Musikrichtungen, sondern auch an Sportveranstaltungen. Das ist nichts Anstössiges.

Ist Chrigel Glanzmann ein Patriot? Vielleicht, aber dann ein keltischer Patriot. Es gibt keine Rasse, kein Stamm mehr, den er heute für seine Reinheit verteidigen könnte. Ich vermute, dass sich Glanzmann eher für die Unversehrtheit der Schweizer Natur einsetzen würde. Und ein kleiner Hinweis am Rande: Neonazis berufen sich auf die germanische Mythologie, nicht die keltische.

Etwas fragwürdig ist es schon, wenn Glanzmann die Menge vor der Bühne mit «Meine Eidgenossen» beschwört und dann den rockigen Schlager The Call Of The Mountains anstimmt. Ich gehöre dann zu den ersten, die da skeptisch werden. Doch darauf basierend eine rechte These aufbauen zu wollen, ist definitiv zu viel des Guten.

Das grosse Aber zum Schluss: Es ist wichtig, dass wir immer genau hinschauen und hinhören, wer was kolportiert.