Rock am Gefrierpunkt
Ob es am Hallenstadion liegt, dass man sich eher wie an einem Eishockeyspiel als an einem Rockkonzert gefühlt hat? Der Vergleich ist nicht von der Hand zu weisen beim Konzert von Alter Bridge.
Spätestens als ich auf der Tribüne Platz nahm, fühlte ich mich wie daheim auf dem Sofa, wenn ich mir einen Konzertmitschnitt über den Beamer ansehe. Man schaut ab und zu auf die Leinwand, unterhält sich mit dem Sitznachbarn, holt sich was zu trinken. Die Musik wird zur Nebensache. Einziger Unterschied ist, dass ich dabei nicht zwischendurch mein Smartphone zücke und die Performance filme.
Die Entscheidung fällt mir wirklich nicht leicht: Lag es an der Location, am Publikum oder an den Bands, dass trotz ausverkauftem Hallenstadion-Club keine richtige Stimmung aufzukommen vermochte? Vielleicht ist die Soundqualität schuld, die im Hallenstadion nach wie vor ein Knackpunkt ist.
Bei Halestorm habe ich die Musik während der ersten drei Songs manchmal nicht mal im Fotograben gehört, weil immer mal wieder eine der Boxen ausfiel. Allerdings boten sowohl Halestorm als auch Alter Bridge keine energiegeladene Show, die den Zuschauern bis in die äussersten Winkel ihrer Zehen und Fingerspitzen gekrochen wäre.
Nur halbherzig mitgerockt
Die Bühnen-Performances beider Bands muteten eher ruhig und schon fast zurückhaltend an. Auch AreJays Showeinlagen an den Drums schienen das träge Publikum nur halbherzig zu etwas mehr Bewegung zu animieren. Zwischendurch sprang er in die Luft und dreschte während der Landung auf die Trommeln ein, warf ab und zu einen Drumstick in den hinteren Bereich der Bühne und spielte mit einem Stick weiter, bis einer zurückgeflogen kam. Bevor sie einen ihren letzten Songs performten, wollte Lzzy alle Hände – und vor allem die Hörner – nochmal sehen und die Arme schnellten in die Höhe.
Vereinzelt hörte ich bei Gesprächen, dass sie Halestorm bislang noch nicht gekannt hatten und sowohl von deren Musik als auch von Lzzy Hales Stimme begeistert seien. Wenn die Band im April auf ihrer eigenen Tour wieder in Zürich sein wird, ist sicherlich auch ein Teil der 3‘400 Zuschauer vom heutigen Gig am Start.
Auch Alter Bridge vermochte mit ihrer Show die Leute nicht aus ihrer passiven Geniesserhaltung reissen. Der Song Metalingus schien einer der wenigen Songs zu sein, bei dem das Publikum sich zumindest für einen kurzen Moment daran erinnerte, an einem Rockkonzert zu sein. Da waren tatsächlich ein paar Hände in der Luft ohne ein Smartphone zu umklammern und man sah sogar vereinzelte headbangen.
Gegen Ende des Konzerts kam Lzzy Hall nochmal auf die Bühne, um mit Myles Kennedy die akustische Version von Watch over You zu performen. Diesen Ohrenschmaus wollten offenbar Dreiviertel aller Zuschauer später nochmal geniessen, denn dies war definitiv der Song mit den meisten leuchtenden Displays im sonst eher zurückhaltend filmenden Menschenmeer.