«Ghost Prayers» effektvoll getauft

The Beauty of Gemina tauften am vergangenen Samstag das neue Album «Ghost Prayers». Ihr Auftritt wurde mit Buh-Rufen und Pfiffen quittiert. Doch das war nichts anderes als ein wahres Kompliment.

«Ghost Prayers» effektvoll getauft
Die Aufgabe von Michael Sele: Das Publikum mitreissen. Bild: Nicola Tröhler

Samstagabend. Der Zürcher Club X-Tra am Limmatplatz füllt sich langsam. Auf der Bühne rockt eine tschechische Band die Bühne: The Prostitutes. Überraschend viele Besucher wippen mit dem Sound mit.

Überraschend, weil es die Vorband ist. Aber eigentlich hat man keine Wahl ausser zu tanzen. The Prostitutes klingen wie Joy Division zu Warsaw-Zeiten. Schnelle Drums mit dem typischen Hi-Hats-Einsatz. Post Punk in seiner reinen, grossartigen Form. Frecher Sound, der einen schönen Kontrapunkt zu The Beauty of Gemina zu setzen vermochte.

Primus inter pares

The Beauty of Gemina legten einen fulminanten Start in ihr langes Set hin. Mit dem messerscharfen Riff von Run Run Run zerrissen sie die freudige Anspannung im Saal. Beinahe nahtlos geht der Song in All Those Days über. Somit waren die ersten beiden Stücke vom neuen Album Ghost Prayers getauft.

Die Bühne bot einen schlichten Anblick. Kein unnötiger Schnickschnack. Nur sechs grosse Bildschirme, auf denen psychedelische Visuals aufflackerten. Nicht besonders düster, aber dafür stimmig.

Bild: Nicola Tröhler

Als Sänger und Blickfang der Band ist es die Aufgabe von Michael Sele das Publikum zu animieren. Die Entwicklung, die der Musiker in den letzten Jahren hingelegt hat, ist gewaltig. Erhaben steigt er die Stufen in den Foto-Graben hinab, direkt an der Absperrung ist er auf Augenhöhe mit dem Publikum. Doch seine ätherische Präsenz hat der hochgewachsene Mann nicht abgelegt. Er ist der Erste unter Gleichen.

Mariannah und Dave

Der Song Mariannah vermochte auf dem Album nicht wirklich überzeugen. Er ist ein mutiges Experiment, mit schaukelndem Rhythmuss und Akkordeon-Einsatz. Überraschenderweise stürzte das Lied vor dem Publikum alles andere als ab.

Respekt gebührt hier vor allem dem Drummer Mac Vinzens, der seine Sticks unerbitterlich hinunter dreschte und so für eine ordentliche Portion Beat sorgte. Der neue Bassist Dave Meier wirkte da und dort noch etwas unsicher. Er warf oft prüfende Blicke zu seinen Mitmusikern. Der Harmonie tat dies keinen Abbruch.

Klare Rollen

Die enorme Weiterentwicklung durch akustische Elemente spürte man vor allem bei den älteren Songs. Into Black wurde durch ein stärkeres Schlagzeug vom schaurigen Trauergesang zur melancholischen Rock-Ballade. Suicide Landscape begann mit einem akustischen Intro und schwoll dann so effektvoll zur alten Grösse an, dass das X-Tra auf einen Schlag in Rauch und Flammen hätte aufgehen können.

Natürlich gossen The Beauty of Gemina auch für die Tanzwilligen Öl ins Feuer. Fight Song und The Lonesome Death Of A Goth DJ pumpten markerschütternd durch den Club. Die Band dampfte los. Eine musikalische Maschinerie, die wie geschmiert lief. Jeder hatte einen Part in diesem Schauspiel. Marco Gassner sorgte mit seinen glasklaren, scharfen Riffs für den Rock’n’Roll. Dave Meier war die elegante Ruhe. Mac Vinzens sorgte für den Druck und Michael Sele war eine allmächtige Präsenz.

Buh-Rufe und Applaus

Als One Million Stars als letzter Song angekündigt wurde, schallten unmittelbar Pfiffe und Buh-Rufe zurück. Wohl eine der seltenen Situationen, in der diese Reaktionen wahre Komplimente sind.

Eine wahre Unglaublichkeit bot der erste Zugabenblock. Mit Darkness, dem abschliessenden und gewaltigen Epos auf Ghost Prayers, spielten The Beauty of Gemina einen Song, der über zehn Minuten andauerte. Ein Led Zeppelinesker Moment von absolutem Seltenheitswert. Die Band packte nochmals ihr ganzes Können aus. Hunters und Seven-Day Wonder heizten danach nochmals richtig ein. Die wunderschöne Ballade When We Know rundete das Set ab. Leider verlor sie ihre Magie, weil viele Zuschauer die ruhigen Noten nicht mit Stille respektierten.

Setlist

  • Run Run Run
  • All Those Days
  • This Time
  • I Wish You Could Die
  • Haddon Hall
  • Mariannah
  • Down By The Horses
  • Dark Revolution
  • Into Black
  • Fight Song
  • The Lonesome Death Of A Goth DJ
  • Dark Rain (akustisch)
  • Rumours
  • Dancer On A Frozen Lake
  • Suicide Landscape
  • One Million Stars
  • Darkness
  • Last Night Home
  • Hunters
  • Seven-Day Wonder
  • When We Know