Mit Noel Gallagher am sicheren Ufer

Das «Godlike Genius» rief und die Jünger folgten. Am Montag spielten die Noel Gallagher’s High Flying Birds ein Konzert im vollen X-Tra, Oasis-Nostalgie inklusive.

Auch wenn mit einem Ticketpreis von rund 80 Franken der ganze Spass recht teuer ausfiel, staunte ich nicht schlecht, als ich mich um genau 20 Uhr vor dem Zürcher X-Tra durch eine breite Masse von Leuten zum Eingang schlängelte und mich dort dann auch das Wörtchen «Ausverkauft» grüsste.

Auch die Halle war bereits bis nach hinten gut gefüllt, während die New Yorker Band Augustines vorne auf der Bühne gerade dabei war, Vollgas zu geben. Obwohl nett anzuhören, fehlte mir persönlich das gewisse Etwas in ihrem Alternative Rock, das mich zu genauerem Hinhören bewogen hätte. Dem Grossteil des Publikums schien es aber zu gefallen, so wurde ihre leidenschaftliche Performance auch mit gebührendem Beifall belohnt.

Drei Arten von Zuschauern

Nach einer Umbaupause und einem nervigen, nie enden wollenden Clubmix von The Doors Hello, I Love You, das dann auch tatsächlich direkt ins Show-Intro überging, wurde es endlich Zeit wofür hier die ganzen Leute zu warten bereit waren. Gewohnt lässig in schwarzer Lederjacke und mit stoischem Blick betritt Noel Gallagher zusammen mit seinen High Flying Birds die Bühne. Nicht ganz so cool blieb die Dame hinter mir: «Oh my god, he’s here! Oh lord…», schrie sie ihrem Begleiter immer wieder ins Ohr. Dies aber nur ein Beispiel, viele Zuschauer waren ähnlich begeistert, obwohl noch nicht mal ein Ton gespielt wurde und das Publikum liess sich schnell in drei Hauptgruppen einteilen.

  • Gruppe Fanatics: Sie strahlen bereits beim blossen Anblick Noel Gallaghers, singen jede Silbe inbrünstig mit und hätten ihren Gott wohl auch auf Knien angebetet, hätten sie nicht dadurch wichtige Details der Show verpassen können.
  • Gruppe Dokumentalisten: Ihre Mission ist es möglichst viele Videos und Fotos vom Konzert festzuhalten. Getreu ihrem Moto «Quantität vor Qualität» werden sie nie müde ihren Arm in die Höhe zu recken und mit Digicam oder Handy das halbe Konzert in wackeligen Bildern mitzufilmen.
  • Und natürlich Gruppe drei, die Abgebrühten: Sie scheinen auf den ersten Blick Noel Gallagher am ähnlichsten – unbeeindruckt, kühl und auch etwas gelangweilt. Auf dem Konzert amüsieren sie sich kaum bis gar nicht. Früher war sowieso alles besser, ist ihre Devise, also warten sie bis Mr. Oasis all die alten Hits auspackt, na ihr wisst schon Wonderwall und der andere Song über Sally und so.

Die Fanatics und die Dokumentalisten hatte Noel Gallagher einerlei bereits mit seiner schieren Präsenz in der Tasche. Seine Aufgabe war es nun die alten Oasis-Nostalgiker zu unterhalten und nebenbei sein neues Material gut zu verkaufen. Und dieser Aufgabe entzog sich der gute Herr meines Erachtens fast schon etwas zu einfach, denn Oasis-Hits gab es nämlich zuhauf. Um genau zu sein, waren es zehn Stück, also exakt die Hälfte des Sets. Dass diese Lieder natürlich gut beim Publikum ankommen, ist zu erwarten. So blieben Noel Gallagher’s High Flying Birds stets am sicheren Ufer und progressivere Songs wie zum Beispiel The Right Stuff vom aktuellen Album Chasing Yesterday, blieben dafür auf der Strecke.

Stimmkräftige Unterstützung

Auch etwas zu kurz gekommen ist das visuelle Konzept, wenn man es denn überhaupt so nennen kann. Irgendeine Art von Bühnen-Show gab es nämlich nicht, nicht mal ein lausiges Backdrop mit dem Bandnamen drauf oder ähnlichem gab es zu bestaunen. Nichts ausser ein paar Scheinwerfer die hier und da ein paar Akzente setzten. Okay, die Musik steht wohl im Vordergrund und hier muss ich wahrlich ein Kompliment aussprechen: Perfekt abgemischter Sound und eben durchaus eine Band auf der Bühne, die ihr Handwerk versteht. Stimmkräftig von einem Publikum unterstützt, das dadurch zuweilen Stadionrock-artige Momente erzeugen kann in einem 90-minütigen Auftritt. So don’t look back in anger, at least not today.

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Weshalb es keine Fotos von Noel Gallagher gibt

Das Management von Noel Gallagher verlangte von uns die Unterzeichnung eines Vertrages. Solche Fotoverträge sind bei bekannteren Künstlern die Regel, um etwa die kommerzielle Verwendung der Fotos für Merchandise (Tassen, T-Shirts, Kalender, etc.) zu verhindern. Das ist auch in Ordnung.

Allerdings ist es pure Realitätsferne, einem Online-Magazin wie Negative White vorzuschreiben, dass die Fotos nur 60 Tage online sein dürfen. Deshalb haben wir uns entschieden, keine Fotos von Noel Gallagher zu machen.

Unten könnt ihr euch den Vertrag selbst anschauen.

Janosch Tröhler, Redaktionsleitung
Wie können Fotoverträge aus der Welt geschafft werden?
Unser Boykott der Guns N‘ Roses in Zürich hat für Aufsehen gesorgt. Die Problematik der Fotoverträge ist damit aber nicht aus der Welt geschafft.